25.02.19
Wer sich als Organisation dem Wohlergehen von Menschen und deren Rettung widmet, dem sind auch die Arbeitsbedingungen der eigenen Mitarbeiter eine Herzensangelegenheit. Das Tarifkonzept des BRK setzt auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit der „Ressource Mensch“, mit Augenmaß und Praxisnähe.
Das BRK ist mit 4.400 hauptamtlichen Mitarbeitern im Rettungsdienst der größte Arbeitgeber der Branche in Bayern. Beschäftigt werden Rettungsdiensthelfer/innen mit einer 160 Stunden umfassenden Ausbildung, Rettungssanitäter/innen mit einer 520 Stunden umfassenden Ausbildung, Rettungsassistenten/Rettungsassistentinnen mit einer zweijährigen Berufsausbildung und Notfallsanitäter/innen, deren Berufsausbildung drei Jahre in Anspruch nimmt. Für sie alle gilt das Tarifsystem des BRK, angelehnt, aber nicht identisch mit den tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes. Das BRK hat einen sog. Haustarifvertrag mit verdi geschlossen, der in drei Bestandteile gegliedert ist. Während der Manteltarifvertrag alle Regelungen bis auf das Entgelt definiert, sind im Entgeltrahmentarifvertrag die Eingruppierungen aller Mitarbeiter im BRK festgehalten. Der Entgelttarifvertrag schließlich setzt die Höhe der jeweiligen Vergütungsstufen in Euro fest.
Der Manteltarifvertrag wurde von verdi vor zwei Jahren gekündigt, um bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. Die verdi-Forderungen beziehen sich insbesondere auf die Einführung geregelter Pausen in der Notfallrettung und dem Krankentransport. Darüber hinaus im Fokus: Die Vermeidung von Höchstarbeitszeitüberschreitungen sowie die Planbarkeit von Arbeitszeitschichten. Hier wird eine Verbindlichkeit von langfristigen Schichtplanungen verlangt. Auch die Schaffung von Rahmenbedingungen für altersgerechtes Arbeiten, insbesondere im körperlich sehr anstrengenden Rettungsdienst, wird angestrebt.
Daneben verhandelt das BRK mit verdi derzeit auch die Eingruppierungen für MitarbeiterInnen in der Pflege, im Sozial- und Erziehungsdienst und in der Verwaltung neu. Als verantwortungsbewusster Arbeitgeber hat das BRK die Erhöhung der Vergütung, die auch die Angehörigen anderer Branchen und insbesondere die Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes erhalten haben, termingerecht zum 1. April 2017 vollzogen, und das, ohne mit verdi eine Vereinbarung zu haben. Denn für das BRK gilt die Maxime: Man will und darf seine Mitarbeiter schlicht und ergreifend nicht von den Entwicklungen im öffentlichen Dienst abhängen!
Engpässe auffangen
Mitarbeiterschutz versus Flexibilität, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten: Ein Punkt, bei dem Konsens gefunden werden muss. Im Rettungsdienst wird in besonders belastenden Wechselschichten von Tag- und Nachtarbeit gearbeitet. Während verdi die Arbeitnehmer davor bewahren will, flexibel abrufbar zu sein, muss das BRK darauf bestehen, dass ein Dienstplan, der über Wochen hinaus aufgestellt ist, bei Ausfall eines erkrankten Mitarbeiters geändert werden kann. Denn den Ausfall nicht zu kompensieren, hieße, Einsätze schlicht nicht fahren zu können. Das BRK hat eine Sicherstellungsverpflichtung und wird dieser Verpflichtung immer und überall nachkommen. Niemand wird liegengelassen! Wie kann hier Konsens erzielt werden? Gemeinsam mit verdi wird das BRK Instrumente zur gerechten Verteilung von Springerdiensten vereinbaren. Hierbei soll berücksichtigt werden, dass nicht immer dieselben Mitarbeiter belastet werden. Längere Ankündigungsfristen, wie von verdi gefordert, helfen hingegen wenig, wenn sich wenige Stunden vor Schichtbeginn ein Kollege krankmeldet.
Feste Pausen versus permanente Einsatzbereitschaft
Im Rettungsdienst arbeitet das BRK mit der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit von Kurzpausen, die auch vollständig bezahlt werden. Diese müssen, zumindest in der Notfallrettung, erhalten bleiben, da eine feste 30-Minuten-Pause angesichts der permanenten Einsatzbereitschaft nicht immer gewährleistet werden kann. „Eine möglichst geregelte und ausreichende Freizeit für unsere hart arbeitenden Mitarbeiter ist uns wichtig, auch Pausen zur Nahrungsaufnahme und zur Entspannung während der körperlich anstrengenden Arbeit im Rettungsdienst“, so Dietsch. Priorität habe jedoch die Notfallversorgung von verletzten und erkrankten Menschen. Daran ändere auch ein entsprechendes Rundschreiben des Bayerischen Sozialministeriums nichts. "Kein Rotkreuzler lässt einen Verletzten unversorgt, weil die Ruhepausenregelung verletzt sein könnte", so Dietsch. Feste Pause lassen sich nur mit einem bereitstehenden Ersatzteam einhalten. Dies würde in der Notfallrettung bis zu 600 Personalstellen mehr und eine deutlich höhere Zahl an Fahrzeugen erfordern. Anders im Krankentransport: Dort wird das BRK das System der festen Pausen flächendeckend in Bayern umsetzen.
Überschreitung der Höchstarbeitszeit
Zweifelsohne ist die Belastung der Einsatzkräfte bei einer 12-Stunden-Schicht hoch, kann jedoch zumindest durch die vom BRK festgesetzten drei Stunden Arbeitsbereitschaft pro Schicht etwas abgemildert werden, in denen sich die Kollegen in der Wache befinden und ausruhen können. In 40% aller Wachen dehnen sich diese Bereitschaftszeiten auf bis zu sechs Stunden aus. Um zu verhindern, dass Kollegen kurz vor Schichtende zu einem größeren Einsatz ausrücken müssen und dabei Gefahr laufen, über ihre zu leistenden 12 Stunden hinaus zu arbeiten, wird das BRK die Leitstellen bitten, auf diese Problematik Rücksicht zu nehmen. Gänzlich Abhilfe würde hier allerdings nur eine Umwandlung von 2x12-Stunden-Schichten in 3x8-Stunden-Schichten schaffen, was jedoch die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BRK ablehnt.
Altersgerechtes Arbeiten
Mit dem Auslaufen der staatlichen Förderungen von Teilzeitmodellen ist es faktisch unmöglich geworden, vor Erreichen der Altersgrenze aus dem aktiven Dienst auszuscheiden, ohne Lohnverlust zu erleiden. Das BRK will mit verdi gemeinsam verschiedene Instrumente nutzen, um insbesondere älteren Mitarbeitern die Tätigkeit zu erleichtern und sie gesund in die Rente gehen zu lassen. Hier wären als Stichpunkte aktive Tragehilfen, gesunde Ernährung und sportlicher Ausgleich zu nennen.
Bei jährlich 478.000 für RTW, KTW, NEF und VEF disponierten Schichten im Rettungsdienst ist es eine große Herausforderung, auf die Bedürfnisse und Interessen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen. Eine Herausforderung, der sich das BRK gerne stellt. Denn wer sich für das Wohl Anderer einsetzt, sollte auch vor der eigenen Haustür nicht Halt machen. Die „Ressource Mensch“, sie ist auch für das BRK die Kostbarste.