Das größte Volksfest der Welt: Für die einen im wahrsten Sinne des Wortes ein rauschhaftes Vergnügen, für die anderen eine logistische Meisterleistung. Seit 1885 wird die Wiesn-Wache durch das BRK betrieben, auf der Oktoberfest-Sanitätsstation wie auch im Gelände sind ausschließlich Ehrenamtliche aus verschiedenen Gemeinschaften im Einsatz. 5,6 Millionen Besucher zählte die Wiesn 2016. Demgegenüber standen knapp 2.300 Einsatzschichten, in denen 6.936 Patienten geholfen wurde. Rein rechnerisch ergibt das ein Versorgungs- und Hilfeleistungsaufkommen von 408 Patienten pro Wiesn-Tag. 577 Alkoholvergiftungen wurden diagnostiziert, 712 Patienten während der Wiesn-Zeit in umliegende Krankenhäuser gebracht. Zahlen, die auch ohne Fremdeinwirkung von Hopfen und Malz schwindlig machen. Zahlen, die das BRK allerdings schon lange nicht mehr nervös machen, lässt sich doch aus 130 Jahren Wiesn-Erfahrung so mancher Trend prognostizieren. Auf alle Eventualitäten vorbereitet, entwickelt das BRK, aus fundierter Sachkenntnis schöpfend, Konzepte, die es ihm ermöglichen, die Vielzahl der Einsätze bewältigen zu können. Innovationen nutzen, Prozesse optimieren: So reagiert das BRK auf die hohen Anforderungen der Wiesn-Einsätze. Eine eigens eingerichtete Leitstelle gewährleistet optimale Koordination mit den umliegenden Krankenhäusern.
Für die optimale Beobachtung der Patienten haben wir eine eigene Software entwickelt, die dem leitenden Arzt mit einer Farbcodierung wichtige Informationen zu Zustand und Aufenthaltsdauer schnell zur Verfügung stellt.
Jürgen Terstappen, Kreisbereitschaftsleiter im BRK Kreisverband München
Speziell für die Wiesn konstruierte extra niedrige Liegen für alkoholisierte Patienten verhindern weitere Verletzungen bei eventuellen Stürzen.
Zudem hat das BRK ein Standardverfahren bei der Behandlung von Betrunkenen entwickelt, das in Verbindung mit einem hohen Hygienestandard die optimale Versorgung der Patienten ermöglicht. Hier geben Leitlinien jedem Helfer und jedem Arzt wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen, was entsprechend dem Beschwerdebild für den Patienten zu tun ist. Durch diese SOPs (Standard Operating Procedures) lassen sich viele Aktivitäten auf der Sanitätsstation vereinheitlichen und steuern. Im Falle von Alkoholintoxikationen umfassen die Möglichkeiten der Helfer alle Maßnahmen, die den Patienten stabilisieren und ihn bei der Entgiftung seines Körpers unterstützen. Häufig sind die Patienten stark unterkühlt, weil sie längere Zeit im Freien auf dem Boden gelegen haben. Daher wird ihnen mit speziellen Gebläsen Warmluft zugeführt, um die Körpertemperatur wieder auf Normalwert zu bringen. Vitalparameter werden laufend überwacht und Infusionen zugeführt, um den für Alkoholintoxikationen charakteristischen hohen Flüssigkeitsverlust zu kompensieren.
Auch das ist die Wiesn: Ehrenamtliches Engagement, in das die Helferinnen und Helfer trotz der hohen Belastung und der häufigen Aggressionen gerne zu investieren bereit sind, weil sie so vielen Menschen, die etwas zu fest gefeiert haben, damit helfen können.