Jochen Pfaffinger, Rotkreuzler aus Leidenschaft, ist für die Koordination aller Mimen zuständig, für ihre Gesundheit und Sicherheit, ihren Transport und ihre Unterbringung. Rund 100 sind an diesen vier Tagen im Allgäu mit dabei, die meisten von ihnen junge Leute, die ehrenamtlich hier mitmachen. Sie spielen die Opfer der großen Unfälle, die am Bodelsberg beim diesjährigen GUS trainiert werden. Ihre Verletzungen werden aufwendig geschminkt, das machen Gabriele und Sebastian von der Firma RUD-SGM – realistische Unfalldarstellung und special effects. Silikon, Schminke, Blasengel und vier verschiedene Sorten Kunstblut gepaart mit Schminktechnik schaffen wirklich grausig aussehende Wunden.
So wie Gabriele und Sebastian über mehr als 400 ehrenamtliche Rotkreuzhelferinnen und -helfer beim GUS 2018, dem Großunfallsymposium, wie mit vielen Verletzten auf einmal umgegangen wird. Kaum einer von ihnen hat je selbst solche besonderen Einsatzlagen erleben müssen, kaum einer musste je mit 70, 80 Schwerverletzten gleichzeitig umgehen. Das zu üben, ist das Ziel hier. Und die Vorarbeiten dazu haben fast ein Jahr gedauert. Die Übungsplaner, Fachdienstleiter für den Betrieb des Basislagers um Dr. Michael Stemmler, Landesbereitschaftsleiter Michael Raut und Dr. Marlon Beyer, Beauftragter für die Bereitschaften, haben alles genauestens organisiert und geplant. Ein Selbstmordattentäter, der sich bei einem Rockkonzert in die Luft sprengt, Amoklauf mit Schusswechsel mitten in einem Einkaufszentrum, eine Bombe, die in der Stadt explodiert… das sind nur einige der Schreckensszenarien, die hier geübt werden. Dabei geht es maßgeblich um die strukturierte Patientenablage, um den Suchdienst des BRK, um das Stoppen von kritischen Blutungen und um die psychosoziale Notfallversorgung.
Bei allen Teilnehmern fällt eines auf: die große Diszipliniertheit. Jeder hält sich an seine Aufgaben, damit die SEGen – die Schnelleinsatzgruppen, die meist aus ehrenamtlichen Mitarbeitern bestehen – im Ernstfall viel besser wissen, wie sie mit unzähligen Verletzten bei einem Großunfall umgehen sollen. Dass die Polizei zuerst einmal das Gebiet sichern muss und es erst dann erlaubt ist zu helfen – das kostet große Selbstdisziplin, erzählt Dirk Pfeiffer, ehrenamtlicher Notfallsanitäter und Soldat, der sehr viele Soldaten für Afghanistan ausgebildet hat und dort viele Monate stationiert war.
Die haben ja alle den Instinkt, erstmal los zu rennen und zu helfen.
Dirk Pfeifer, Soldat und ehrenamtlicher Notfallsanitäter
Aber das sei erst dann möglich, wenn keine Gefahr mehr droht – denn der Schutz der Helfer geht vor. „Es ist schwer, das durchzuhalten“, sagt ein Rettungssanitäter, „wenn alle schreien und um Hilfe rufen.“
Genau dazu sind solche Übungen da: Richtiges und umsichtiges Verhalten einzuüben, gerade angesichts schwerster Unfälle mit sehr vielen Verletzten. Und wenn eine Übung abgebrochen werden muss, dann verhalten sich alle so, wie es sein soll: Ruhig und diszipliniert packen sie alles zusammen und fahren gegen halb eins/ein Uhr nachts zurück ins Basiscamp. Für ein paar Stunden Schlaf. Denn um fünf Uhr am Morgen geht es weiter.