Akquise von ausländischem Fachkräftepersonal
Daher ist die Problematik nur mit zusätzlichem, qualifiziertem ausländischen Personal zu bewältigen, denn der nationale Arbeitsmarkt kann den Bedarf nicht mehr decken. Mittels verschiedener Programme und Projekte sowie der Beauftragung von Recruiting-Organisationen wird laufend darauf hingearbeitet, das Personalkontingent im Pflegesektor aufzustocken. So gewinnen im Projekt „Triple Win" die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) qualifizierte Pflegefachkräfte aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und den Philippinen für Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege. Ein Rahmenvertrag mit der Schweizer Firma CARE zielt auf die Akquise von Fachkräften mit in Deutschland anerkannter Ausbildung auf den Philippinen. Dabei behält das BRK jedoch stets im Blick, dass nur in Ländern geworben wird, in denen kein Fachkräftemangel besteht.
Was den Eingliederungsprozess im Ausland akquirierter Pflegefachkräfte jedoch bremst, sind die von den deutschen Auslandsvertretungen und unseren Bezirksregierungen vollzogenen Prüfungsverfahren der Sprach- und Pflegequalifikation. So kann es in Bayern tatsächlich bis zu sechs Monate dauern, bis nur eine Eingangsbestätigung zur Anerkennung einer ausländischen Fachkraft vorliegt. Und zuvor benötigen schon die deutschen Botschaften und Konsulate sehr viel Zeit für die Anerkennungen. Die bürokratischen Verfahren zur Anerkennung von Fachkräften im Gesundheitswesen mit einer im Ausland abgeschlossenen, gleichwertigen Qualifikation müssen bundesweit vereinfacht und deutlich beschleunigt werden. Das Bayerische Landesamt für Pflege soll als eine zentrale Stelle für die Gewinnung und Anerkennung ausländischer Pflegefachkräfte ausgebaut werden. Wolfgang Obermair, stv. BRK-Landesgeschäftsführer
Strategien für die Zukunft
Die Suche nach Personal im Ausland bleibt dennoch nicht der einzige Weg aus der Krise. Es muss daran gearbeitet werden, dass das Pflegepersonal innerhalb der Gesellschaft eine bessere Anerkennung erfährt, als es heute der Fall ist. „Es muss uns allen daran gelegen sein, die Pflege insgesamt als natürlichen Teil unseres Lebensmodells zu begreifen, nur dann werden wir die heutigen Probleme morgen in den Griff bekommen können“, so BRK-Vizepräsidentin Brigitte Meyer. Eine Maßnahme, das Image der Altenpflegeberufe zu verbessern, wäre die Akademisierung der Pflegeberufe. Doch um tatsächlich mehr Auszubildende in die Altenpflegeberufe zu bringen und Absolventen dazu zu bewegen, sich für die Altenpflege und nicht für andere Einsatzfelder zu entscheiden, müssen weitreichendere Konzepte entwickelt werden. Auch muss bei der Finanzierung der schulischen und betrieblichen Pflegeausbildung etwas passieren.Die pflegebedürftigen Menschen müssen entlastet werden, die Finanzierung direkt aus der Pflegeversicherung ist sinnvoll. Brigitte Meyer, BRK-Vizepräsidentin
Dem Pflegenotstand entschlossen entgegentreten
Die Möglichkeiten von Verbänden, Trägern, Einrichtungen und Diensten, das Problem selbst anzugehen und eigene Lösungswege zu entwickeln, um so Personal zu halten oder zu gewinnen, sind zwischenzeitlich weitgehend erschöpft.Auch die Ansätze, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu stärken und zu fördern, oder Teilzeitbeschäftigung in Vollzeitbeschäftigung umzuwandeln, sind allein nicht mehr ausreichend. Vielmehr bedarf es umfassender struktureller staatlicher Maßnahmen für mehr Beschäftigungsverhältnisse in der Alten- und Krankenpflege. Vor allem aber brauchen wir jetzt ein Programm zur Anwerbung ausländischer Pflegefachkräfte sowie deren schnelle und unbürokratische Anerkennung.
Wer Menschen in die Pflegeberufe holen will, muss Anreize schaffen. Eine bessere gesellschaftliche Anerkennung und damit einhergehend eine Steigerung des Einkommensniveaus müssen weiterhin im Fokus bleiben.
Wir sprechen hier ganz klar von einem Pflegenotstand, dessen Lösung oberste Priorität für die Politik werden muss. Brigitte Meyer, BRK-VizepräsidentinEin erster Schritt, um diesen Pflegenotstand abzuwenden:
Die Installierung einer „Enquetekommission Pflege“, die in einem gemeinsamen, offenen Dialog mit der Freien Wohlfahrt, den Verantwortlichen aus Politik, den Kostenträgern, den Selbsthilfeverbänden und der Wissenschaft Lösungen erarbeitet. Im Fokus stehen alternative Formen und Methoden der Pflegeorganisation in der stationären Altenpflege, um gegebenenfalls mit einer „flexiblen Fachkraftquote“ eine hohe Qualität von Pflege und Betreuung sicherzustellen.
Mehr Fachkräfte, mehr Pflegevielfalt, weniger Bürokratie und eine attraktivere Ausbildung in den Pflegeberufen: Ansätze, die Pflegekatastrophe abzuwenden, sind vorhanden. Nun sind die Entscheidungsträger gefragt, die entsprechenden Weichen dafür zu stellen.