Der Bayerische Verfassungsgerichthof hat heute über eine Popularklage des privaten Rettungsdienstunternehmers MKT entschieden. Die Ausführung zur Vorrangstellung der Hilfsorganisationen im Rettungsdienst wird neu geregelt.
Mit seiner Klage hatte der Privatunternehmer die Vorrangstellung der Hilfsorganisationen in Frage gestellt. Laut Bayerischen Rettungsdienstgesetz sind die Hilfsorganisationen mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt und nur in Ausnahmefällen andere Anbieter. Demzufolge haben die großen Hilfsorganisationen wie das Bayerische Rote Kreuz (BRK), der Arbeiter-Samariter-Bund, der Malteser Hilfsdienst und die Johannitern die führende Rolle bei der Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen.
Laut Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshof wird es künftig bei der Vergabe rettungsdienstlicher Leistungen eine neue Regelung geben, die die Vorrangstellung der Hilfsorganisationen nicht bestätigt, sondern auf Art und Umfang der Hilfeleistung abstellt. Christa Prinzessin von Thurn und Taxis, Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes: "Wir bedauern sehr, dass die verdiente Vorrangstellung der Hilfsorganisationen fallen wird. Die Vorrangstellung der Hilfsorganisationen war die staatliche Gegenleistung für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung auch im ländlichen Raum mit rettungsdienstlichen Leistungen durch Haupt- und Ehrenamt. Wir befürchten negative Auswirkungen auf die Motivation, Identifikation und Anerkennung unserer mehr als 120.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer und auf unsere rund 4.000 hauptamtlichen Mitarbeiter".
Das Urteil der Bayerischen Verfassungsgerichtshof enthält nach Ansicht des BRK einen entscheidenden Aspekt, der die Patientensicherheit flächendeckend auch in Zukunft sicher stellen wird, Landesgeschäftsführer Dieter Deinert: "Mit Festlegung auf die Anforderung der Hilfeleistung bestätigt das Urteil das komplexe Hilfeleistungssystem. Damit sind Rettungsdienstanbieter verpflichtet, zusätzliche Ressourcen der Hilfeleistung bereitzustellen. Wir als BRK sind dazu in der Lage."
BRK-Präsidentin: "Wir freuen uns über die Anerkennung unserer Leistungen für die Menschen in Bayern, die wir auch unter veränderten Rahmenbedingungen aufrecht erhalten werden."
Das BRK verfügt über eine einzigartige, flächendeckende Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern - Bergwacht, Bereitschaften und Wasserwacht. Bei Großschadenereignissen oder bei Katastrophen hat der reguläre Rettungsdienst keine ausreichenden Kapazitäten und ist letztendlich im Erstschlag nur die "Speerspitze", die bei Bedarf um ein vielfaches verstärkt werden muss, das gilt auch für Einsätze beim Katastrophenschutz. Regelmäßiges Training und der Einsatz in Echtsituationen ist für die Ehrenamtlichen die wesentliche Voraussetzung, dass im Schadensfall qualifizierte Hilfeleistung gewährleistet gewährt werden kann.
Deshalb darf nach Ansicht von Dieter Deinert das Zusammenspiel zwischen dem Rettungsdienst und den ehrenamtlichen Hintergrunddiensten auf keinen Fall zerstört werden. Deinert: "Die Herauslösung des Rettungsdienstes hätte für das Gesamtsystem fatale Folgen."
Jetzt ist die Politik gefordert, um den Willen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs im Sinne der Bürger umzusetzen. Rettungsdienstliche Leistungen sollten nach Ansicht des BRK nur an Anbieter vergeben werden, die flächendeckend präsent sind. Deinert: "Um die Patientensicherheit zu garantieren, bedarf es einer Konkretisierung dieser Vergabenormen. Es muss unbedingt gesichert werden, dass das komplexe Hilfeleistungssystem, dessen Qualität und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Vergabe die wesentlichen Kriterien sind."
Allein die Hilfsorganisationen sind aufgrund ihrer Größe, ihrer personellen und materiellen Ressourcen und ihrer dezentralen, flächendeckenden Verbreitung und Verankerung in der bayerischen Bevölkerung auch in der Lage, im Ernstfall umfassende und kompetente, professionelle Hilfe unter allen äußeren Gegebenheiten durchführen zu können.