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Vom Zivildienstleistenden zum Kreisgeschäftsführer – ein Gespräch mit Andreas Lehner

"Ohne meinen Zivildienst 1996 im BRK Landshut wäre ich heute sehr wahrscheinlich nicht da wo ich jetzt bin." Das sagt Andreas Lehner, Kreisgeschäftsführer des Kreisverbandes Landsberg am Lech, heute 25 Jahre später über seine Zeit als Zivi. Was ihn besonders geprägt hat und wie es für ihn nach dem Zivildienst weiterging.

1.     Wie hat Ihr Werdegang im BRK begonnen? "Ich bin tatsächlich neben einer Rettungswache aufgewachsen, aber sonst hatte ich mit dem BRK nichts zu tun. Über einen guten Freund, der Zivi beim BRK war, bin ich im Rettungsdienst als Zivi gelandet. Ich wollt nicht in einem Büro arbeiten, sondern eine sinnvolle Tätigkeit. Außerdem ist der Job einfach aufregend: man weiß nicht was an einem Tag so passieren wird, mit dem KTW kommt man etwas in der Gegend rum und man lernt viel über Menschen. Alle Gesellschaftsschichten sind vertreten, alte Hasen, junge Leute. Vor meinem Zivildienst hatte ich nichts mit dem Roten Kreuz am Hut, aber das hat mich dann schon angefixt." 2.       Was waren Ihre Aufgaben als Zivildienstleistender und prägen Sie diese noch heute? Auf welche Erlebnisse blicken Sie besonders gern zurück? "Als Zivi bin ich RTW und KTW gefahren. Das Umschalten von entspannt zu alarmiert und dann sofort zu funktionieren hat mich fasziniert. Und man lernt Menschen einzuschätzen, weil man mit vielen verschiedenen Gruppen zu tun hat: Ärzte, Kollegen, Patienten, Angehörige – letztendlich ist alles eine Frage der Kommunikation. Besonders gern denke ich an Aktivitäten mit Kollegen zurück, sei es Karten spielen oder der Betriebsausflug." 3.       Wie ging es nach dem Zivildienst weiter bis zum Kreisgeschäftsführer? "Eigentlich wollte ich in Richtung Journalismus gehen und habe dann in München Politikwissenschaften studiert. Nebenbei bin ich Rettungsdienst gefahren und habe bei der Abendzeitung gejobbt. Als die Printkrise in den 2000ern kam, habe ich umgesattelt auf BWL. Danach war ich Pressesprecher und Assistent der Geschäftsführung bei einem privaten Rettungsdienst, ich konnte meine beiden Leidenschaften verbinden und habe mein Netzwerk ausgebaut. Anschließend bin ich zur JUH in den Landesverband als Bereichsleiter gewechselt und habe mehr Einblicke in die Pflege, Sozialen Dienste und den Fahrdienst bekommen." 4.       Wie hat es Sie nach Landsberg verschlagen? "Wir sind nach der Familiengründung in München geblieben und ich habe mich ganz bewusst nach GF-Stellen umgesehen. Ich wusste, ich will im sozialen Bereich bleiben, in eine Führungsposition und wollte gerne zum Roten Kreuz zurück. In Landsberg habe ich mich beworben und bin’s geworden. Am 1. März 2021 waren es genau 10 Jahre, dass ich dort KGF bin – und ich habe bisher kaum einen Tag davon bereut!" 5.       Wie hilft Ihnen die Zivi-Zeit in Ihrer Aufgabe als KGF? "Im Bereich Personalführung und Management hilft mir diese Perspektive sehr. Als Zivildienstleistender habe ich manchmal schon gemerkt, wo noch Luft nach oben ist, was ich mal anders machen möchte und wie ich nicht behandelt werden möchte. Gleichzeitig hatte ich aber auch in meiner späteren beruflichen Laufbahn vor einigen meiner damaligen Chefs Respekt und habe mir etwas abgeschaut, wie ich es später auch mal machen will. Ich will als KGF meinen Mitarbeitenden auf Augenhöhe begegnen. Bis heute fahre ich für die Helfer vor Ort oder Rettungsdienst und nehme als Rettungssanitäter die Rolle des Fahrers ein – der hat im RTW den Ansagen des Beifahrers, also dem Notfallsanitäter, zu folgen, der ist der Chef. Und für einen kurzen Ratsch auf dem Hof unseres Kreisverbandes versuche ich mir immer Zeit zu nehmen." 6.       Heute gibt es FSJ und BFD, wie viele gibt es davon in ihrem KV, legen Sie besonderen Wert auf diese Stellen? Worin sehen sie persönlich große Unterschiede zum Zivildienst? "Wir haben 3 Stellen in sozialen Diensten und 3 im Rettungsdienst. Ich bin schon neugierig und suche oft das Gespräch, da sehe ich mich ein stückweit als junger Rettungsdienstler. Der Unterschied zum Zivi ist natürlich, dass wir das machen mussten, heute suchen sich die Leute das bewusst aus. Ich weiß nicht, ob ich’s gemacht hätte, wenn es freiwillig gewesen wäre. Der Verband profitiert sehr, wenn junger Nachwuchs nachkommt, aber man muss sich was einfallen lassen, um die jungen Leute dafür zu begeistern." 7.       Die Bundeswehr bietet jetzt das Heimatjahr an – wie stehen Sie dazu? "Im Detail habe ich mich noch nicht damit befasst, aber egal was es für Ideen gibt: für mich gehört ein verpflichtendes soziales Jahr für Männer und Frauen eingeführt. Kein Wehrdienst, sondern ein Jahr für die Gesellschaft und der Orientierung. Für die Verbände war die Abschaffung der Wehrpflicht ein großer Einschnitt und während der Pandemie sehen wir, wie wichtig der Zivildienst im sozialen Bereich wäre. Außerdem war diese Zeit für jeden persönlichkeitsformend und hat die eigene Entwicklung maßgeblich beeinflusst. Man lernt viel und selbst wenn man danach weiß, dass das man nicht in dem Bereich bleiben möchte, ist man auf jeden Fall um eine Erkenntnis reicher. Diese Zeit ist nie verlorene Zeit."