„Das Kindeswohl muss bei allen politischen Entscheidungen im Mittelpunkt stehen und die notwendige Beachtung finden.
Schon jetzt sind die Schäden unermesslich. Nur weil diese Stimmen in keinen Expertengremien vertreten sind, darf nicht über sie hinweg entschieden werden. Kinder und Familien dürfen mit der Aufarbeitung nicht alleine gelassen werden, es braucht entsprechende Strategien und Unterstützung aus der Politik.“
Lea Erhard, Erzieherin in der integrativen Kindertagesstätte Zirbelzwerge in Augsburg: „Ich kann mich an ein Mädchen erinnern, das mich nach dem ersten Lockdown angesehen und gesagt hat:
‚Papa hat mich beim Frühstück geschlagen‘, das war eine ganz andere Dimension. Ich hatte den Eindruck, dass es nach dem ersten Lockdown noch ein paar Reserven gab,
die sind aber jetzt am Ende. Wir haben zwar viel mit den Eltern telefoniert, aber trotzdem würden viele nie äußern, dass
sie überfordert sind – auch in der Mittel- oder Oberschicht. Da muss man die perfekte Familie abgeben.“
Christoph Treubel, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und selbst ehrenamtlich im BRK engagiert: „Selbst für uns Erwachsene ist vieles während der Corona-Pandemie unsicher. Der Unterschied ist, dass, je jünger die Kinder sind, sie sich noch weniger durch die Vorstellung von der „guten Zeit vor Corona“ von der aktuellen Situation ablenken können. Außerdem wissen wir mittlerweile, dass Kinder sich
nichtadaptieren, also sich nicht an den Lockdown „gewöhnen“. Die
COPSY-Studie hat ermittelt, dass
80% der 7-17-jährigen die aktuelle Situation als
sehr belastend empfinden. Bis auf die Familie fällt durch den Lockdown alles weg, was
ihr Leben ausmacht. Die Kinder
zahlen in allen Lebensbereichen für die Pandemie. Auch die Eltern-Kind-Beziehung leidet, weil Zeit mit den Eltern sonst eigentlich Quality Time bedeutet. Jetzt sind sie Lehrer, Elternteil, Erzieher und arbeiten gleichzeitig von zuhause.“
Hermine Brenauer, Teamleiterin der Kindestageseinrichtungen im BRK: „Das Stresslevel ist noch höher als sonst: die älteren Kinder im Homeschooling, die jüngeren wollen beschäftigt werden und dann noch Home-Office. Wir dürfen nicht vergessen: diese Kinder sind die nächste Gesellschaft, sie wachsen mit Corona auf. Wir stehen in der Verantwortung ihnen mitzugeben, wie man mit Krisen umgeht.“