Morgen, am 11. Februar, ist Europäischer Tag des Notrufs, und das europaweit seit 2009. In allen 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) hilft diese einheitliche Rufnummer seit 1991 Leben zu retten. Auch in vielen Nicht-EU-Ländern erreicht man mit der 112 eine Leitstelle, die den Notruf entgegennimmt und Hilfe schickt.
In Bayern nehmen wir mit rd. 350 Mitarbeitern in einem Drittel aller bayerischen Kommunen diese Notrufe über die Notrufnummer 112 entgegen und disponieren die notwendigen Rettungsmittel. In Summe sind dies rd. 550.000 Ereignisse pro Jahr, was rd. 190 Ereignisse am Tag entspricht. Im Schnitt wird ein Notruf dabei binnen 122 Sekunden abgefragt und ein Rettungsmittel alarmiert.
Dazu nehmen wir in den acht Leitstellen jährlich rd. 1,2 Millionen Anrufe entgegen.
Grundsätzlich sehen wir dabei einen permanenten Anstieg der Einsatzzahlen des Rettungsdienstes in ganz Bayern. Die Anzahl der Notfälle in Bayern stieg dabei zwischen den Jahren 2007 bis 2016 um 54% von 655.000 auf 1.010.000 Notfälle. Die Anzahl der Notfälle mit Beteiligung eines Notarztes stieg während desselben Zeitraums jedoch unterproportional um 26 % von 341.000 auf 428.000 Notfallereignisse. Bis zum Jahr 2010 lag deren Anteil an allen Notfällen in Bayern bei etwa 52%. Seit 2010 war der Notarztanteil rückläufig und erreichte 2016 einen Wert von 42%. [Quelle: Rettungsdienstbericht Bayern 2017, Bay. Staatsministerium des Innern].
Welchen Anteil hierbei Krankheitsbilder einnehmen, bei denen Patienten zu Öffnungszeiten normalerweise in die Arztpraxis gehen würden, kann aufgrund fehlender und sicherlich auch aufgrund der Interpretation schwieriger Erfassung nicht konkret beziffert werden. Aus den vielfachen Berichten der Leitstellenmitarbeiter kann jedoch abgeleitet werden, dass deren Anteil zunehmend ist. Es ist dabei allgemein erkennbar, dass der Bekanntheitsgrad der #116117 hinter dem der #112 zurückbleibt. Daher möchten wir hiermit gerne zur Bekanntheit der Nummer des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes beitragen. Wir unterstellen dabei nicht, dass die #112 aus reiner Bequemlichkeit angerufen wird, wenngleich es sicherlich diesbezügliche Einzelfälle gibt. Ein gesteigertes Anspruchsverhalten wird uns von unseren Kollegen aus den Leitstellen sowie des operativen Rettungsdienstes jedoch durchaus wiedergespiegelt. Eine Mischung aus der unzureichenden Selbsteinschätzung des eigenen Gesundheitszustands sowie die teilweise als unzureichend empfundene wohnortnahe Versorgung (vor allem an Wochenenden und Nachts) trägt dabei ebenso zur Inanspruchnahme des Rettungsdienstes bei.
Die Integrierten Leitstellen des BRK arbeiten dabei strukturiert und regelmäßig mit dem medizinischen Servicecenter der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) zusammen, welche die telefonische Vermittlung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes über die Rufnummer # 116117 in Bayern koordiniert. Wir plädieren dabei im Gegensatz zum Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) für die Beibehaltung und aktive Bewerbung beider Nummern (#116117 sowie #112). Nur so kann bereits im Vorfeld eine entsprechende Zuordnung erfolgen. Gleichzeitig müssen die Systeme der Präklinischen Notfallversorgung besser vernetzt werden.
An dieser Stelle möchten wir auch mit einem vielfach im Umlauf befindlichen Irrglauben aufräumen. Als Patient des Rettungsdienstes werden sie in der Notaufnahme nicht per se bevorzugt behandelt! Jede Notaufnahme führt eine sog. „Triage“ durch. Dies ist ein Verfahren zur Ersteinschätzung von Patienten in der Notaufnahme, um nachvollziehbar Behandlungsprioritäten und damit die Behandlungsreihenfolge festzulegen. Es kommt also immer auf die Schwere der Erkrankung bzw. der Verletzung an und nicht darauf, ob man mit dem Rettungswagen, dem Taxi oder privat in die Klinik gefahren ist.
Ein weiteres Anliegen der BRK-Leitstellen ist die Berufsausbildung unserer Disponenten.
Aktuell gibt es leider keinen direkten Zugangsweg zum Beruf des Leitstellendisponenten. Unsere Mitarbeiter rekrutieren wir aufgrund des fehlenden Ausbildungszweigs daher bei den Rettungsdiensten oder der Feuerwehr und qualifizieren sie im Anschluss mit großem Aufwand nach. Der Fachkräftemangel in der Leitstelle und den traditionellen Zugangsberufen macht dabei neue Wege in der Personalgewinnung erforderlich. Eine bundesweite Arbeitsgruppe unter Beteiligung der BRK-Leitstellen hat hierbei das Konzept zu einer dreijährigen beruflichen Qualifikation eines Berufsbilds Disponent entwickelt, welches alle Bayerischen Leitstellen befürworten. Wir freuen uns dabei sehr, dass auch die Krankenkassen, das zuständige Innenministerium sowie die kommunalen Spitzenverbände die Schaffung dieses Ausbildungszweigs befürworten. Jedoch ist die Umsetzung bei der Frage der Finanzierung ins Stocken geraten.
Die Umsetzung dieser Konzeption muss in Bayern aufgrund des Fachkräftemangels mit hoher Priorität verfolgt werden, weshalb wir an den Einigungswillen aller Beteiligten appellieren, damit nicht weiterhin die Fachkräfte des Rettungsdienstes abgeworben werden müssen, welche dort ebenfalls dringend benötigt werden!
Im Notfall richtig verhalten: Die fünf W
Damit die Mitarbeiter der Integrierten Leitstelle schnell geeignete Einsatzkräfte alarmieren können, sind einige Informationen von besonderer Wichtigkeit. Dafür gibt es die fünf "W":
1. Wo ist das Ereignis?
Geben Sie den Ort des Ereignisses so genau wie möglich an (zum Beispiel Gemeindename oder Stadtteil, Straßenname, Hausnummer, Stockwerk, Besonderheiten wie Hinterhöfe, Straßentyp, Fahrtrichtung, Kilometerangaben an Straßen, Bahnlinien oder Flüssen)!
2. Wer ruft an?
Nennen Sie Ihren Namen, Ihren Standort und Ihre Telefonnummer für Rückfragen!
3. Was ist geschehen?
Beschreiben Sie knapp das Ereignis und das, was Sie konkret sehen (was ist geschehen? was ist zu sehen?), beispielsweise Verkehrsunfall, Absturz, Brand, Explosion, Einsturz, eingeklemmte Person!
4. Wie viele Betroffene?
Schätzen Sie die Zahl der betroffenen Personen, ihre Lage und die Verletzungen! Geben Sie bei Kindern auch das - gegebenenfalls geschätzte - Alter an!
5. Warten auf Rückfragen!
Legen Sie nicht gleich auf, die Mitarbeiter der Integrierten Leitstelle benötigen von Ihnen vielleicht noch weitere Informationen!
Wenn andere Personen Hilfe brauchen, leisten Sie Erste Hilfe, soweit Sie sich nicht selbst in Gefahr bringen! Helfen Sie den Einsatzkräften beim Auffinden des Ereignisortes! Beides kann Leben retten.