Trotz Milliardenüberschüssen verwehren Kassen unseren Patienten gesetzliche Leistungen in der häuslichen Krankenpflege.
Das Bayerische Rote Kreuz beklagt die immer kritischer werdende Sparpolitik der Krankenkassen bei der Gewährung Häuslicher Krankenpflege und Pflegehilfsmitteln in der ambulanten pflegerischen Versorgung, obwohl die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr hohe Überschüsse erwirtschaftet haben. In den ersten sechs Monaten konnte laut Bundesgesundheitsministerium ein Plus von rund 2,7 Milliarden Euro eingefahren werden. Die Rücklagen von Kassen und Gesundheitsfonds stiegen dadurch auf fast 22 Milliarden Euro. Auch das Bayerische Rote Kreuz moniert die Sparpolitik der Krankenkassen zu Lasten ihrer Patienten. BRK-Präsidentin Christa Prinzessin von Thurn und Taxis will dies nicht mehr länger dulden und ruft die Kassen energisch zur Änderung ihres Verhaltens auf.
"Die rigorose Sparpolitik der Kassen treibt zunehmend seltsame Blüten und verweigert Patienten Leistungen zum Beispiel in der häuslichen Krankenpflege, obwohl sie den Patienten per Gesetz zustehen", führt die BRK-Präsidentin aus. Das habe zur Folge, dass Sozialgerichte angerufen werden müssen, damit den Patienten zu ihren Rechten verholfen wird. Viele der 120 ambulanten Pflegedienste des Bayerischen Roten Kreuzes müssen deshalb vermehrt in Vorleistung gehen und sich mit aufwändigen bürokratischen Antrags- und Widerspruchsverfahren herumschlagen, um ihre Patienten nicht im Stich zu lassen, beklagt das BRK.
BRK Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk:"Unsere Pflegekräfte erbringen Leistungen und die Krankenkasse lehnt ab. Pauschal erstmal, ohne Begründung." Das geschieht selbst dann, wenn es nur um wenige Euro geht. Stärk weiter: "Nur ein Beispiel: Wir haben Patienten mit dementiellen Erkrankungen, denen die korrekte Medikamentenabgabe durch eine Fachkraft schlichtweg erst einmal verweigert wird. Besonders brenzlig sind dann die Fälle, wenn Patienten aufgrund der Blockadehaltungen ihrer Krankenkassen gefährliche Pflege entsteht, das grenzt an Körperverletzung, daran beteiligt sich das BRK künftig nicht mehr". So geschehen bei einer Familie im Landkreis Weiden, dort erhielt der schwer pflegebedürftige Großvater erst dann von der Kasse eine Dekubitus-Matratze als Hilfsmittel genehmigt, als sein Rücken bereits wundgelegen war. Dass dies kein Einzelfall ist, bestätigen die Rückmeldungen der Pflegedienstleiter aus dem BRK dem Landesgeschäftsführer.
Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes, warnt vor diesen unmenschlichen Konsequenzen einer Gesundheitsversorgung unter dem Spardiktat: "Die Kassen geben viel Geld aus für Sozialgerichtsverfahren. Die Gerichte werden missbraucht als Fürsprecher der Patienten. Sie müssen dafür sorgen, dass die Kassen ihr Leistungsversprechen einhalten müssen, und das obwohl den Patienten die eingeklagten Leistungen bereits per Gesetz zustehen."
Diese Entwicklung finden die Verantwortlichen im BRK unerträglich, besonders vor dem Hintergrund der Milliardenüberschüsse. Sie belastet nicht nur die Arbeit der Fachkräfte in der Pflege, sie ist nach den Worten von BRK-Präsidentin Christa von Thurn und Taxis auch menschenverachtend und in höchstem Maße unsozial. Das Bayerische Rote Kreuz fordert einen Paradigmenwechsel bei den Kranken- und Pflegekassen. Statt Beitragssenkungen bei der Krankenversicherung plädiert die BRK-Präsidentin für eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung. Thurn und Taxis: "Der hilfsbedürftige Mensch mit seinen Nöten und Bedürfnissen muss wieder in den Mittelpunkt der Arbeit gerückt werden, auch und gerade bei den Kostenträgern."