- Tarifverhandlungen mit Verdi am Freitag unter keinem guten Vorzeichen
Mit Empörung reagiert das Bayerische Rote Kreuz auf die aktuelle Medienkampagne der Gewerkschaft verdi, deren Repräsentanten dem BRK Missbrauch von tariflichen Instrumenten und Gefährdung der Bevölkerung vorwerfen. In mehreren Pressegesprächen zwischen Unterfranken und Oberbayern hatten Gewerkschaftssekretäre und BRK-Personalräte in dieser Woche dem BRK vorgeworfen, tariflich (und damit von verdi selbst!) vereinbarte Möglichkeiten wie zum Beispiel Kurzzeitpausen oder Dienstplanänderungen zu Lasten der Mitarbeiter zu missbrauchen und ihnen ihre Rechte vorzuenthalten. Zudem erhoben die Verdi-Vertreter den Vorwurf, durch zu lange Dienstzeiten könnten die Mitarbeiter des Rettungsdienstes ihre Pflichten gegenüber den Patienten nicht mehr nachkommen und gefährdeten somit die Patienten und sich selbst.
"Wir haben Verständnis dafür, dass eine Gewerkschaft ihre Forderungen vorträgt und dabei auch deutliche Worte wählt, um auf ihre Sorgen aufmerksam zu machen. Wir akzeptieren aber keine Missbrauchs- und Gefährdungsvorwürfe", sagt BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk, der auch Vorsitzender der BRK-Tarifkommission und damit Verhandlungsführer für die laufenden Tarifverhandlungen für die 23.000 hauptamtlich Beschäftigten des BRK ist. Der Rettungsdienst des BRK sei sicher und werde von über 4000 höchst engagierten hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit hohem Engagement erfüllt.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist der von verdi Ende 2014 gekündigte Manteltarifvertrag für die BRK-Beschäftigten, der vor allem Regelungen zu Arbeitszeiten enthält. Während das BRK an der seit 2007 geltenden Arbeitszeit von 45 Wochenstunden im Rettungsdienst festhalten will, weil noch immer der ganz überwiegende Anteil der fast 300 Rettungswachen in Bayern durchschnittlich 5 Stunden Arbeitsbereitschaft anfallen, will verdi eine Abschaffung der Arbeitszeitverlängerung bei niedriger Einsatzauslastung und für alle Mitarbeiter eine 38,5-Stunden-Woche. Für ältere Mitarbeiter fordert verdi sogar eine 34,2-Stunden-Woche. "Solche Forderungen sind nicht nur absolut unrealistisch und unbezahlbar, es fehlt auch das zusätzlich benötigte Fachpersonal", so Stärk, der mit mehreren hundert zusätzlichen Stellen rechnet. Er verweist darauf, dass für die Kosten des Rettungsdienstes die Gemeinschaft der Krankenversicherten aufkommen müsse und hier das BRK nicht einfach die Personalkosten um 20-30 Mio Euro pro Jahr erhöhen könne. Derzeit befinden sich die Rettungsdienste zudem in der Einführungsphase des neuen Ausbildungsberufes des Notfallsanitäters, was das System ohnehin schon finanziell und organisatorisch erheblich belaste, so das BRK.
"Die gleiche Gewerkschaft, die bei uns unbedingt die 45-Stunden-Woche abschaffen will, hat bei vergleichbaren Tarifverträgen gerade die 45-Stunden-Woche auf Jahre festgeschrieben. Hier wird aus ideologischen Gründen mit zweierlei Maß gemessen", beklagt sich Verhandlungsführer Leonhard Stärk und fordert verdi auf, mit realistischen Vorschlägen an den Verhandlungstisch zurück zu kehren und die Tarifverhandlungen nicht länger zu blockieren. So lange nämlich noch über die Arbeitszeit im Rettungsdienst verhandelt wird, können keine weiteren Verhandlungen geführt werden zu den längst überfälligen Anpassungen der Gehälter für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst und in der Pflege, so das BRK.
Stärk erinnert zudem daran, dass das Bayerische Rote Kreuz im Herbst 2015 der Gewerkschaft bereits ein umfangreiches Angebot mit Mehrkosten von mehreren Millionen Euro unterbreitet hatte, welches von verdi jedoch damals abgelehnt wurde. "Die Vorstellung, man könne alle Forderungen ständig erweitern und sie dann auf einmal durchsetzen, entspricht nicht unserem Verhandlungsansatz, realistische Kompromisse zu schließen", stellt der BRK-Verhandlungsführer klar.