„Kinderrechte sind nicht teilbar und gelten für jedes Kind, unabhängig vom Aufenthaltsstatus“, so Brigitte Meyer, Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege (FW) Bayern. „Aufnahmeeinrichtungen und Ankerzentren dürfen hier keine rechtsfreien Räume sein.“
Für alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre gelten uneingeschränkt die ratifizierten Kinderrechte (UN-KRK) sowie die EU-Grundrechtecharta.
In einem dringlichen Appell wies die FW Bayern bereits vor einem Jahr die Bayerische Staatsregierung darauf hin, dass Rechte von Kindern in Ankerzentren nicht, oder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Insbesondere beim Schutz der Privatsphäre, bei der Gesundheitsvorsorge, beim Schutz vor Gewaltanwendung, beim Recht auf Bildung, Ruhe, Freizeit, Spiel und bei der Teilnahme am kulturellen Leben sieht die FW Bayern erhebliche Defizite.
„Die Antwort der Staatskanzlei, dass das Kindeswohl (in den Ankerzentren) höchste Priorität habe, deckt sich in keiner Weise mit unseren Beobachtungen und Einschätzungen“, bedauert Brigitte Meyer. Zahlreiche Familien leben länger als ein Jahr in den bayerischen Ankereinrichtungen. Die unklare Perspektive über die Aufenthaltsdauer und die häufig aus Platzgründen durchgeführte Trennung von Elternteilen bei der Unterbringung, belastet Eltern wie Kinder.
„Die Kinder leben in einer angstbesetzten Umgebung“, so Meyer. Sie bekommen nächtliche Abschiebungen und Polizeieinsätze ungefiltert mit und bleiben verstört zurück.
Die FW Bayern kritisiert nachfolgende Missstände:- Die gesundheitliche Versorgung sieht in den ersten 15 Monaten des Aufenthalts nur eine medizinische Notversorgung vor. Die Besuche von Fachärzten und Spezialisten sind ohne fremde Unterstützung nicht organisierbar. Schwere oder chronische Erkrankungen oder Behinderungen kommen bei Kindern in Ankereinrichtungen häufig vor. Hierfür sind die Einrichtungen nicht eingestellt und bieten deswegen nicht die passende Umgebung. Pflege und bedarfsgerechte Versorgung dieser Kinder ist für die Eltern nur mit fachlicher Unterstützung und auch dann sehr mühsam und langwierig zu organisieren.
- Kinder- und familiengerechte Räume sowie eine ruhige Lernumgebung gibt es meist nicht und Freizeitangebote nur in sehr geringem Maße.
- Der Anspruch eines Kindes auf den Besuch einer Kindertagesstätte und damit auf Bildung und Förderung im Vorschulalter wird kaum umgesetzt.
- Die Schulbildung findet vorwiegend isoliert auf dem Gelände der Ankereinrichtungen statt. So kommen Kinder in der Regel nicht mit einheimischen, gleichaltrigen Kindern in Kontakt und kaum aus der Einrichtung hinaus.
Brigitte Meyer mahnt an, dass „das von uns geforderte Gesamtkonzept ‚Kinderrechte, Kinderschutz und jugendgerechte Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen in bayerischen Ankerzentren‘ endlich in Angriff genommen wird. Wir haben unsere Mitarbeit angeboten.
Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) hat für das Jahr 2019 turnusgemäß die Federführung in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAG FW) übernommen. Die Vizepräsidentin des BRK, Brigitte Meyer, übernahm den Vorsitz von Pfarrer Michael Bammessel, Präsident des Diakonischen Werks Bayern.